Biblischer Impuls

Dorothea Trudel – was aus der Liebe zu Jesus wachsen kann

«Christus liebhaben ist besser als alles Wissen.»

Eine Tochter von Konrad Zeller, dem Autor der Biografie über Dorothea Trudel, schenkte meiner Frau nach einer Begegnung diese Lithographie von Dorothea Trudel. Sie meinte, diese würde doch zu uns ins acasa männedorf gehören. Das Geschenk hat meine Frau berührt.

Dorothea Trudel, diese einfache, charismatische Frau und Gründerin unseres Werkes. Sie hatte nie ein Werk gründen wollen. Sie hat ganz schlicht geglaubt, verkündigt und gebetet. Daraus hat Gott Wunder gewirkt in aller Schlichtheit. Weltweit hat ihr Leben und ihr Wirken Spuren hinterlassen. Unter dem Bild von Trudel findet sich noch ein Satz in ihrer Handschrift, der mich persönlich angesprochen hat: «Christus liebhaben ist besser als alles Wissen.» Das hat diese Frau gelebt: Sie hatte Christus und sein Wort von Herzen lieb. Aus dieser Liebesbeziehung sind Wunder geschehen und ist so vieles erwachsen.

Hoch gebildet war Dorothea nicht. Sie war eine einfache Blumenmacherin. Viel Wissen hatte sie in ihrer schulischen Laufbahn nicht angehäuft. Das kann man auch an ihrer Handschrift und anderen Notizen erkennen. Und obwohl sie keine Wissensweltmeisterin war, hat sie wohl mehr als viele studierte und hochdotierte Menschen oder Theologen bewirkt. Entscheidend ist nicht unser Wissen. Wissen macht uns nicht per se glücklicher und auch nicht zu besseren oder erfolgreicheren Menschen. Das meinen wir heute in unserer Bildungsgesellschaft. Wir häufen viel Wissen an. Das Wissen dieser Welt verdoppelt sich in immer kürzerer Zeit. Aber bringt dieses Wissen die Lösung unserer persönlichen Probleme oder in unseren Gemeinden? Paulus schreibt im 1. Korinther 13,2: «Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.»

Wissen ohne Liebe bringt nichts. Wissen ohne Liebe zu Jesus ist wertlos. So stellt es Paulus in seiner Weisheit fest. Viel Wissen kann zu Überheblichkeit führen und zur Meinung, dass wir mit Wissen diese Welt und ihre Probleme in den Griff bekommen. Wenn das Wissen uns besser machen würde, dann hätten wir es mit einer Welt zu tun, die immer perfekter und besser wird. Das Gegenteil aber ist der Fall. Es wird vieles nicht besser, sondern schwieriger, undurchschaubarer. Mit Wissen allein bekommen wir die Probleme nicht in den Griff. Wie viel wissen wir – und setzen doch dieses Wissen nicht um.

Das grösste Problem in unserer Welt ist nicht mangelndes Wissen, sondern fehlende Liebe. Unseren Gemeinden fehlen nicht Konzepte oder Wissen, sondern Liebe. Wie gehen wir miteinander um, wenn wir übereinander reden? Wie schnell verurteilen wir andere Menschen und sind unbarmherzig mit den Fehlern oder Überzeugungen der anderen!

Ein weiterer Appell zu mehr Liebe hilft aber nicht weiter. Wenn Liebe untereinander wachsen soll, dann geschieht es, wenn am Anfang die Liebe zu Jesus, zu Gott steht. Nicht zuerst die Liebe zu Menschen, sondern die Liebe zu Jesus. Prälat Hartenstein war überzeugt: «Das macht die Gemeinde aus – Menschen, die Jesus Christus persönlich liebhaben.» Liebe ich Jesus? Bin ich von ihm fasziniert, berührt?

Also nicht: «Glaube ich an ihn, denke ich an ihn, arbeite ich für ihn?» Nein: «Liebe ich ihn?» Helmut Lamparter hat einmal gesagt: «Für diese Liebe zu Jesus gibt es keinen Ersatz, keinen Bekennermut, kein Arbeitseifer, kein Opfersinn, keine theologische Gelehrsamkeit wiegt diesen Schaden auf.» Am Anfang des Doppelgebots der Liebe steht nicht die Nächstenliebe, sondern die Gottesliebe: «Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und all deinem Verstand.» (Luk.10,27)

Was investiere ich, damit diese Liebe zu Jesus wächst? Pflege ich die Beziehung zu Jesus, das Gespräch, den Austausch, das Hören auf ihn? Ich merke oft, wie Nebensächlichkeiten mir bedeutungsvoller sind. Was sagen, planen oder tun wir, das wir nur aus Liebe zu unserem Herrn tun? Wann nehmen wir uns Zeit, um Jesus zu loben, weil wir ihn liebhaben? Wen oder was wir lieben und gernhaben, das loben wir doch. Das muss uns niemand vorschreiben, das tun wir einfach.

Und dann gehen Sie doch in Ihrem Leben mal der Frage nach: Was hat mich in meinem Leben erreicht von der Liebe Jesu? Wo hat Jesus mir Gutes gegeben, Vergebung geschenkt, Frieden im Herzen bewirkt? Wo wir das Gute wahrnehmen, da wächst auch die Liebe zu Jesus.

Was aus der Liebe zu ihm erwachsen kann, das hat Dorothea Trudel durch ihr Leben gezeigt und offenbar gemacht. Christus und allein Christus stand an erster Stelle. Aus der Beziehung zu ihm tat sie ihren Dienst. Sie las die Bibel, war in ihr zu Hause. Dadurch hat sie Jesus besser kennen und auch lieben gelernt. Dadurch ist sie Jesus nähergekommen. Liebe zu Jesus fällt nicht einfach vom Himmel, sie will genährt werden. Geben wir ihr doch diese Nahrung! Das wird uns und anderen guttun. Wenn wir die Liebe zu Jesus nähren und ihr Raum geben, wird das Kreise ziehen, so wie bei Dorothea Trudel. Das wünsche ich mir und acasa männedorf, dass wir dafür bekannt sind: Menschen, die Jesus liebhaben. Möge das unser Erkennungs- und Markenzeichen sein: «Christus liebhaben ist besser als alles Wissen.»

Jürgen Gatter, Pastor und Gesamtleiter

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